Dies ist Argentea, ein Land voller Schönheit und Leben. Von den weit blühenden Wäldern wie dem Wald von Fountainblue bis zu den großen Elfenwäldern, von den Kupferbergen bis zu den Inseln der Teufelsklaue, und vom Feuerkessel bis zum Gebirge von Queredin. Einst lebten die Mondjäger, in kleinen Dorfgemeinschaften über das Land verteilt, in Frieden und einzig dem Kaiserthron in Argenteastadt verpflichtet. Doch Frieden währt niemals ewig und so war es nur eine Frage der Zeit bis der Krieg das einstmals so friedliche Land überzog. Dies ist die Geschichte des großen Krieges von Argentea.
In der Zeit nachdem die fünf Völker über das Meer aus weit entfernten Ländern nach Argentea kamen, wurden vom Kaiser viele Herrscher in den Rang eines Junkers erhoben und ihnen ein Stück Land geschenkt. Doch die Gier, die den Sterblichen im Blut liegt, trieb sie an ihren Einfluss und ihre Macht zu mehren. So entbrannten die ersten Kämpfe der niederen Adeligen, denen niemand allzu viel Bedeutung beimaß. "So sind die Mächtigen: Streben stets nach noch mehr Macht"
Kvalin Kupferbart, Anführer der Allianz der Hüter der heiligen Klingen, hing diesem Gedanken nach, als er das mächtige Tor der Heiligen Hallen durchschritt, einer gewaltigen unterirdischen Stadt, die die Zwerge aus dem Fels unter der Ebene von Thursenheym gegraben hatten. Das Bauwerk, das letztlich den Eingang darstellte, glich einem Tempel wie man ihn den höchsten Gottheiten weiht, gebaut aus weissem Marmor aus der fernen Heimat Kvalins, dem Kreuzgebirge. Bei Tag, wenn die Sonne die weisse Burg beschien, glitzerte es weithin sichtbar silbern, und wies jenen den Weg, die die heiligen Hallen besuchen wollten. Neben Kvalin ragte die imposante Gestalt des Minotaurus auf, dem höchsten Wesen der mystischen Krieger, der sich erstaunt in der Eingangsfeste umsah. Vergleichbare Architektur gab es in Argentea nicht.
Beide hielten vor dem Tor inne und ließen den Blick über die weite Ebene am Fuß des Hügels, auf dem die Festung stand.
"Ein Sturm zieht auf", sprach Minotaurus, "darum bin ich sehr froh, dass wir uns auf eine Zusammenarbeit verständigen konnten."
"Ein Sturm?" Kvalin blickte zu Minotaurus auf. "Ihr sprecht nicht vom Wetter, oder?"
Minotaurus schüttelte den Kopf "Nein. Ich spreche von einer finsteren Vorahnung. Ich glaube große Ereignisse stehen bevor. Passt einfach auf euch auf werter Zwerg." Mit diesen Worten beugte er sich zu Kvalin runter um ihm die Hand zu schütteln.
"Das werde ich. Und ihr gebt auch Acht auf euch auf eurem Heimweg."
Minotaurus nickte kurz, dann wandte er sich ab und ging den Weg entlang, der nach Westen führte. Kvalin blickte ihm nachdenklich nach. "Vorahnung... so ein Unfug" brummte er, doch konnte auch er sich nicht eines unguten Gefühls erwehren.
"Herr? Ist etwas nicht in Ordung, ihr seht beunruhigt aus", sprach ihn einer der Wachposten vor dem Tor an.
"Beunruhigt?", brauste Kvalin auf,"willst du etwa sagen das ich mich fürchte?"
"N..Nein Herr...", stammelte der Zwergenwächter erschrocken.
Kvalin stapfte wutschnaubend in die heiligen Hallen. "Beunruhigt, pah. In Stücke hacken sollte ich dich...", grummelte er.
Er drehte sich um und durchschritt das gewaltige Tor, betrat die enorme Eingangshalle und bahnte sich den Weg durch die unzähligen fahrenden Händler, die sich hier aufhielten. Es stieg eine Treppe, breit genug um ganzen Heerscharen Platz zu bieten hinab, und lenkte seine Schritte in die Halle der Gelehrten, wo sich auch die Halle von Studi, seinem getreuen Freund und Kameraden, befand.
Mit einem mächtigen Hieb mit der flachen Hand öffnete Kvalin die Tür.
"STUUUUUDIII", brüllte er in den kreisrunden Raum, dessen Wände von Bücherregalen verdeckt waren, und in dessen Mitte ein breiter Tisch stand, über den der Zwergengelehrte gebeugt stand und Pergamente las. Erschrocken wandte sich Studi um:
"Bei den Steinen, Kvalin musst du mich so erschrecken?"
"Verzeih, doch ich wollte dir erzählen dass...", sagte dieser doch unterbrach sich als er sah das noch jemand im Raum war.
"Oh, sei gegrüßt Miles alter Freund", fügte er hinzu als er den schweigsamen Nordmann erkannte. Dieser nickte Kvalin kurz zu und starrte mit gerunzelter Stirn eine Karte der Länder am Fuß des Kreuzgebirges an.
"Das ergibt keinen Sinn", murmelte er, "ein solches Heer existiert nicht."
Kvalin trat zu den beiden und warf einen Blick auf die ausgebreitete Karte. "Wovon sprichst du Miles?"
"Es sind Berichte von Truppenbewegungen eingegangen", antwortete Studi, "und zwar hier, hier und hier." Er deutete auf verschiedene Stellen der Karte.
"Angeblich große Verbände, mehrere Tausend Mann und alle in ähnlicher Uniform, unter schwarzer Flagge mit einem weissen Symbol, das leider nicht genauer erkennbar war."
Kvalin strich sich nachdenklich durch den Bart. "So viele Soldaten? Hier? Es gibt weit und breit niemanden der ein solches Heer unterhalten könnte. Sehr eigenartig."
"Gehe der Sache nach", meinte Miles knapp, richtete sich auf, langsam und vorsichtig um nicht an den niedrig hängenden Kronleuchter über dem Tisch zu stoßen und verliess zielstrebig den Raum.
Kvalin zuckte kurz mit den Schultern. "Vieleicht täuschen sich die Späher. Vieleicht aber auch nicht, wer weiss. Minotaurus äußerte vorhin mir gegenüber eine düstere Vorahnung, und sein Gespür ist geradezu beängstigend genau. Gut, dass Miles sich der Sache annimmt."
"Ah, ich hatte ganz vergessen das Minotaurus dich besucht hat. Wie liefen die Verhandlungen?" erkundigte sich Studi, Kvalin begann ihm davon zu erzählen und schon bald dachten sie nicht mehr an die Späherberichte.
Weit entfernt vom Kupferberg stand wenige Tage später Milo of Brockenborings an der Spitze seiner Truppe auf einer Lichtung. Außer Atem blickte er sich kurz um, zu seinen Soldaten. Jeder von ihnen war von der Schlacht die bis gerade eben getobt hatte gezeichnet, viele waren verwundet, die meisten waren völlig verdreckt von Schlamm und Blut, und alle waren sie am Ende ihrer Kräfte. Milo richtete den Blick wieder nach vorne, auf seine Gegner. Zahlenmäßig waren sie seiner Truppe überlegen und wie er in den letzten Stunden erkennen musste, waren sie auch erfahrenere Krieger als die Mondjäger die er ins Feld führte. Die lange Zeit des Friedens hatte die Bewohner Argenteas vergessen lassen wie man kämpfte und im Kampf taten sie sich eher schwer.
Die Angreifer, die unter einer schwarzen Flagge zogen, griffen wild und doch präzise an. Milo war nicht der größte Krieger aller Zeiten, aber er war erfahren genug um soldatisches Können zu erkennen. Diese barbarisch wirkenden Kämpfer waren gut.
Die kleine Mondjägertruppe rückte dicht zusammen während die Angreifer näher kamen. Das wilde Gebrüll hallte durch den ganzen Wald und schreckte Vögel auf, die aus den Baumkronen davonflogen. Für die Mondjäger gab es kein Entrinnen wie es schien. Die Angreifer schirmten die gesamte Lichtung ab und hinter den Mondjägern erhob sich eine Felswand. Doch Milo lächelte, als er die Augen schloss und die Anwesenheit seines Verbündeten erfühlte. "Perfekt", dachte er.
Aus dem Unterholz schossen nun unzählige Pfeile in die Flanken der Formation der Barbaren. Die Bogenschützen des Sonnenkriegers Ganduil nahmen die Angreifer unter Beschuss, während Milo nun den Angriffsbefehl gab und seine Truppe frontal in die Formation des Feindes stürmte. Die überraschten Barbaren, die das Glück hatten weiter hinten zu stehen, suchten ihr Heil in der Flucht.
Ein Siegesgebrüll ertönte nun, das den Kampfschreien der Barbaren in nichts nachstand, während Ganduil zu Milo trat.
"Na das hat doch mal gut funktioniert", sagte Milo und grinste seinen Kameraden an.
"Ja, aber mir ist immer noch nicht wohl dabei. So ein Hinterhalt passt mir einfach nicht.", entgegnete dieser, "diese Vorgehensweise unterscheidet sich kaum von ihrer." Er deute den flüchtenden Barbaren hinterher.
"Da sind sie selbst schuld, immerhin war dies nicht der erste Angriff. Sie kommen immer häufiger und werden immer rücksichtsloser. Ohne dein Eingreifen aus dem Hinterhalt wäre ich diesmal wohl umgekommen. Hast was gut bei mir", sagte Milo und klopfte Ganduil auf die Schulter.
Die erschöpften Soldaten formierten sich und bereiteten den Abmarsch vor, Ganduil und Milo standen etwas abseits der Truppen und sahen dem Treiben zu. "Argentea ist ein gefährlicher Ort", sagte Milo, "war es immer schon, solange ich hier bin. Doch in letzter Zeit wird es alles so...", er brach ab und gestikulierte unschlüssig.
"Ich weiss was du meinst", entgegnete Ganduil. "Die Barbarenhorden, die wir sehen tragen alle das gleiche Abzeichen an ihren Rüstungen und ihre Brutalität nimmt im gleichen Maß zu wie ihre Anzahl, wie es scheint. Wenn all diese Horden letztlich zusammen gehören, dann macht mir das ehrlich gestanden etwas Angst, denn ich weiss nicht wieviel Widerstand wir beide ihnen dauerhaft leisten können. Wo ist die kaiserliche Garde? Ich hörte schon sehr lange nichts mehr von Gardisten die für die Sicherheit im Reich sorgen. Ich frage mich was da vor sich geht, und vor allem frage ich mich ernsthaft was aus uns Baronen werden soll."
"Diese Sorgen habe ich auch. Es wird immer schlimmer... ." Milo blickte Ganduil an, dann grinste er auf einmal breit: "Es sind halt interessante Zeiten in denen wir leben."